Versuch einer Gesamtschau

Das Altar-Relief – Der „Engelsgruß“ im Zentrum der Altarrückwand

Das Altar-Relief in St. Marien, geschaffen von Josef Baron: Gesamtschau

Das Altarbild – Versuch einer Gesamtschau

Im Mittelpunkt dieses Altar-Reliefs steht die Szene der Verkündigung der Geburt Jesu Christi an Maria durch den Erzengel Gabriel. Nach oben und unten ist dieses Mittelstück eingebunden in ein Bild der Erde und des Himmels. Nach links und rechts ist es eingefügt in zwei Spalten mit je drei Medaillons. Diese Medaillons sind miteinander verbunden durch Rosen ohne Dornen, die als Hinweis auf Maria verstanden werden können.

Die Rosen sind denen auf der Bernwardstür des Doms von Hildesheim nachempfunden, deren Bildprogramm hier angedeutet wird. Auch die Leserichtung ist dort dieselbe: Links oben beginnt man mit der Erschaffung der Welt, links unten ist der Brudermord zu sehen, rechts unten die Geburt Jesu bis zur Auferstehung (rechts oben): Links der Sündenfall – rechts die Erlösung durch Jesus Christus. Damit wird eine Verbindung zur Hauptkirche des Bistums von Hildesheim geschaffen, zu dem St. Marien gehört.

Grundthema des Altar-Reliefs ist der Engelsgruß, die – an alle Menschen gerichtete – gute Nachricht von der Menschwerdung des Gotteswortes, von Gottes Ja zur gesamten Welt, zu seiner Schöpfung und seinen Geschöpfen. Dieser menschenfreundliche Gott ist immer letztes Ziel unseres Altar-Reliefs.

Auf der linken Seite sehen wir eine „absteigende Linie der Gottferne“ (Schöpfung / ParadiesSündenfallBrudermord). Der Tiefpunkt wird erreicht durch die Vertreibung aus dem Paradies und die folgende Geschichte bis zum Neuen Bund (in der Verkündigung des Engels an Maria); die Gottferne erscheint als Gegenstück zum Himmel, dem „Ort der Nähe Gottes“. Die „absteigende Linie des Todes“ von der linken Seite wird in den drei Medaillons rechts wieder aufgebaut in eine „aufsteigende Linie des Lebens und des Heils“ (Geburt Jesu – Taufe Jesu – Wiederkehr Jesu Christi). So sind auch der Alte Bund (links) und der Neue Bund (rechts) in den Medaillons zueinander in Bezug gebracht.

Der Gruß des Engels an Maria“, so schreibt der Künstler Josef Baron zu diesem Altarbild, „dringt immer wieder an die Öffentlichkeit. Der Betrachter kann sich mit Maria identifizieren. Er wird dann zum Hörenden. Er hört, dass Gnade, Freude und Glück nicht durch eigenes Wissen und tätige Leistung produziert, sondern letztlich empfangen werden, weil ein ganz anderer zuverlässig für einen da ist. ‘Maria, Du hast Gnade vor Gott gefunden!’ ‘Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mit geschehe, wie du gesagt hast!’. Maria steht ein für den hörenden Menschen, der in diesen Dialog hineingezogen wird. Das gehörte Wort ist schaffendes Wort, zu dem Eigentliches hinzukommen muss. Leider wird über der mehr an Aktivität orientierten Gesellschaft vom Engelsgruß das Hören und Empfangen Marias als Hinweis auf die andere Seite unseres Lebens fast vergessen. Aber ihre rechte Hand bezeichnet es deutlich genug. Es gibt Erfahrungen, in denen der Mensch nicht vorrangig als Leistender und Handelnder erscheint. Gerade solche Lebenserfahrung möchte der Glaube für den modernen Menschen aber freihalten, weil ohne sie seine Lebensbewältigung zu eindimensional würde.

Aber diese „Botschaft“ des Altar-Reliefs muss ihrerseits ergänzt werden. Während es noch vertraut sein mag, Gott als Ursprung der Freude zu erkennen und zu erleben, „muss er andererseits im Schmerz und Leid als Mitbeteiligter erst entdeckt werden. Gott lebt nicht nur ‘Oben’, sondern auch inmitten des Leidens. … Engelsgruß und Sakramentshaus [Tabernakel] füllen die Chorrückwand aus. Im Programm vereinigen und verinnerlichen die beiden Werke die beiden Pole: Freude und Leid, Begeisterung und Schmerz, Gnade und Opfer kommen zusammen und rühren das Herz dessen, der beide zusammen bewältigt. In der Botschaft des Erzengels strahlt göttliche Freude aus und möchte menschliche Freude läutern und häufen. Wer hingegen Schmerz empfindet, wer sich behindert fühlt von Misslichkeiten, kann sein Erleben im Sakramentshaus wiederfinden.“ (Josef Baron)

Mit seinen Werken will Josef Baron „zum Meditieren anregen“ … was denken, was empfinden Sie?