Prävention von Missbrauch

Prävention in unserer Gemeinde: Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Schutzbefohlene

Seit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle im Jahr 2010 bemüht sich die katholische Kirche in Deutschland nicht nur umfangreich um die Aufarbeitung jedes einzelnen Schicksals. Auch wurden Systeme der Prävention von sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern und Schutzbefohlenen entwickelt, deren Umsetzung besonders im Bistum Hildesheim forciert wird.

Davon handeln die folgenden Artikel.

Fortbildungen im Dekanat Lüneburg im Frühjahr 2024

„Augen auf – Hinschauen und schützen“ unter diesem Motto stehen die Bemühungen des Bistums Hildesheim, die Prävention von sexualisierter Gewalt zu stärken und weiterzuführen.

Eine Basisschulung Prävention von sexualisierter Gewalt für alle ehrenamtlich Tätigen (z.B. in Erstkommunion-/Firmkatechese, den Teams für den Kindergottesdienst, der Jugendgruppenleiterrunde oder für alle weiteren Interessierten) findet an zwei Abenden im Januar (Montag, 15. Januar, sowie Montag, 22. Januar 2024) im Gemeindehaus St. Marien jeweils von 18.30 bis 22.00 Uhr statt. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Anmeldung für alle Veranstaltungen per Email über: praevention(ät)bistum-hildesheim.de.

Weitere Infos sind auch über Gemeindereferentin Jutta Segger, E-Mail oder Tel: 01573 / 67 37 913 oder bei allen hauptamtlich Mitarbeitenden unserer Gemeinde zu erhalten.

Hinweise zur Prävention von sexualisierter Gewalt in unserem Bistum und (möglicherweise freie) Termine in anderen Dekanaten finden sie auch unter: https://www.praevention.bistum-hildesheim.de/

„Ihr macht ja gar nichts …“

In den vergangenen Wochen gab es wieder viele negative Schlagzeilen rund um die katholische Kirche in Deutschland. Besonders die Veröffentlichung eines Gutachtens zum Umgang mit den Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum München und Freising hat erneut viele Fehler benannt. Einige davon betreffen sogar den früheren Erzbischof von München und Freising und jetzt emeritierten Papst Benedikt XVI.

Es ist ein Gutachten, das das Erzbistum selbst in Auftrag gegeben hatte, weil es wissen wollte: „Welche Fehler haben wir gemacht?“

Ein ähnliches Gutachten hat es im Bistum Hildesheim bereits 2017 gegeben. Auch bei uns wurden viele persönliche und auch strukturelle Fehler benannt. Im vergangenen Jahr wurde ein weiteres Gutachten veröffentlicht, das besonders die Amtszeit von Bischof Heinrich Maria Janssen untersucht hat. Auch hier wieder die Erkenntnis: Es wurden viele Fehler gemacht. Und je größer die Verantwortung der beteiligten Personen war, desto schwerwiegender waren mitunter die Fehler. Bei etlichen schütteln wir heute den Kopf und fragen uns: „Wie konnte man damals so handeln? Wie konnte es dazu kommen?“

Die Frage ist: Wie gehen wir mit der Erkenntnis dieser Fehler heute um? Viele der damals Verantwortlichen können nicht mehr befragt oder gar haftbar gemacht werden. Oft entsteht der Eindruck: Kirche duckt sich weg, leckt die eigenen Wunden und macht – nichts.

Es ist unbestreitbar, dass viele Fehler gemacht wurden. Es ist auch unbestreitbar, dass vielen Menschen schweres Leid angetan wurde. Dies kann niemand rückgängig machen. Wir können die Betroffenen nur um Vergebung bitten. Wir können ihnen zuhören und ihnen Unterstützung anbieten, das Erlebte zu tragen.

Und wir können dafür sorgen, dass strukturelle Ursachen, die seinerzeit diese Taten möglich gemacht haben, geändert werden.

Letztere Bemühungen erscheinen leider sehr selten in der Presse. Sie hier zu benennen, soll keinesfalls eine Beschwichtigung und eine Verharmlosung des Geschehenen bedeuten.

Ich bin aber davon überzeugt, dass in unserem Bistum inzwischen Schritte gegangen wurden, um ähnliches Leid künftig nach Möglichkeit zu verhindern. Vieles muss noch getan werden, dessen bin ich mir bewusst. Deshalb können die bereits erfolgten Maßnahmen immer nur ein erster Schritt sein.

In unserem Bistum wurde die Ansprechbarkeit in Fällen sexualisierter Gewalt ganz neu aufgestellt. Der Beraterstab arbeitet unabhängig.

Das Bistum zeigt inzwischen alle Fälle, die ihm bekannt werden, bei der Staatsanwaltschaft an. So wurde vor einigen Jahren ein Priester unseres Bistums zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach dem kirchrechtlichen Verfahren sollte er aus dem Priesterstand entfernt werden, ist dem aber zuvorgekommen, indem er um Laisierung gebeten hat. In einem jüngeren Fall wurde ein Priester umgehend bis zur Klärung der Vorwürfe beurlaubt. Auch wenn kein straftatrelevantes Verhalten festgestellt wurde, wird dieser Priester seinen Dienst nicht wieder aufnehmen.

Bereits seit Jahren hat die Prävention sexualisierter Gewalt einen hohen Stellenwert. So wurden bereits etwa 20.000 haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende in Niedersachsen in entsprechenden Kursen geschult. Dabei geht es nicht darum zu unterstellen, dass die Mitarbeitenden zu Tätern werden könnten. Unter der Überschrift „Augen auf“ sollen möglichst viele Menschen sensibilisiert werden hinzuschauen und Signale von Kindern, Jugendlichen und Schutzbedürftigen wahrzunehmen, die auf die Erfahrung von Missbrauch und Gewalt hindeuten könnten.

Statistiken besagen, dass Kinder, die missbraucht wurden und Hilfe bei Erwachsenen suchen, bis zu sieben Personen kontaktieren müssen, bis ihr Hilferuf erkannt wird und sie Hilfe bekommen. In den Präventionskursen wird auch das richtige Verhalten in solchen Fällen vermittelt.

Alle Pfarrgemeinden unseres Bistums wurden inzwischen verpflichtet, ein Präventions-Schutzkonzept zu erstellen. Dazu gehört eine Gefährdungsanalyse unserer kirchlichen Gebäude, ein Verhaltenskodex für alle in der Gemeinde Tätigen, sowie Hinweise für das eigene Verhalten im Verdachtsfall.

Wichtig ist es, den Betroffenen sexualisierter Gewalt das Gespräch anzubieten. Etliche Gespräche wurden bereits geführt, wenn es gewünscht war, und es wurden therapeutische Hilfen angeboten. Inzwischen hat sich im Bistum Hildesheim auch ein Betroffenenbeirat gegründet, der in direktem Austausch mit der Bistumsleitung steht.

Am oder im Hildesheimer Dom soll künftig ein Gedenkort auf das Leid der von sexualisierter Gewalt Betroffenen hinweisen.

Wie können und müssen Missbrauchstaten aufgearbeitet werden? Es wird immer deutlicher, dass die Kirche dies nicht allein und nicht nur intern tun kann. Deshalb gibt es nun auch für die Diözesen der Metropolie Hamburg (Hamburg, Osnabrück, Hildesheim) eine Aufarbeitungskommission, die mit den jeweiligen Landesregierungen zusammenarbeitet.

All dies sind erste Schritte, die hoffentlich in die richtige Richtung gehen.

Sie können zugefügtes Leid nicht wiedergutmachen. Sie können Fehler nicht rückgängig machen. Sie können höchstens signalisieren: Wir haben verstanden.

Carsten Menges

(Der Text stammt aus unserem Gemeinde-Journal „Salz der Erde“ 1/2022, S. 19)

Abschlussbericht zur Aufarbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs (1957-1982) (14. September 2021)

Liebe Gemeinde, liebe Gäste, die Aufarbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs ist auch in unserem Bistum ein schwieriger, aber dringend notwendiger Prozess. Bischof Heiner hatte im April 2019 ein unabhängiges Expertenteam unter der Leitung der früheren niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz eingesetzt, um mögliche Missbrauchsfälle in der Amtszeit von Bischof Heinrich-Maria Janssen (1957-1982) zu untersuchen und mögliche Strukturen aufzudecken, die sexuellen Missbrauch durch Angehörige des Bistums Hildesheim möglich gemacht oder vertuscht haben.

Die Gruppe hat nun am Dienstag, 14. September, auf über 400 Seiten ihren Abschlussbericht übergeben. Die Dokumente können ab sofort auf der Bistumshomepage www.bistum-hildesheim.de/aufarbeitung-missbrauch abgerufen werden. Das Gutachten benennt eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch. Demnach gab es von kirchlicher Seite Zuwendung und Schutz für die Täter, während die Betroffenen keinerlei Hilfsangebote erhielten und mit ihrem Leid allein gelassen worden sind.

Bischof Heiner kündigte an, dass es weitere Aufarbeitungsvorhaben geben wird und dass das Bistum Hildesheim den Bereich der Aufarbeitung, Intervention und Prävention umbauen und personell aufstocken wird. Dazu wird in Kürze ein neuer Stabsbereich im bischöflichen Generalvikariat eingerichtet.

Auch hat der Bischof bereits vor einigen Wochen angekündigt, dass die für alle Diözesen vereinbarte Aufarbeitungskommission im Herbst für die Bistümer Hamburg, Osnabrück und Hildesheim eingerichtet werden soll.

Sollten Sie zu diesem Thema Gesprächs- oder weiteren Informationsbedarf haben, sprechen Sie bitte die Mitarbeiter*innen des Pastoralteams an.

Herzlich grüßt Sie Ihr Pfarrer Carsten Menges, Dec.