Prävention von Missbrauch im Bistum Hildesheim

Prävention im Bistum Hildesheim: Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Schutzbefohlene

Seit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle im Jahr 2010 bemüht sich die katholische Kirche in Deutschland nicht nur umfangreich um die Aufarbeitung jedes einzelnen Schicksals. Auch wurden Systeme der Prävention von sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern und Schutzbefohlenen entwickelt, deren Umsetzung besonders im Bistum Hildesheim forciert wird. Leider steht davon in der Regel nichts in den Medien. Über Skandale und Missbrauchsfälle wird umfangreich – und auch nicht immer wertneutral – berichtet. Was die Kirche seither aber positiv im Bereich der Prävention erreicht hat, findet den Weg in die Medien in der Regel nicht. So entsteht der Eindruck, die Kirche würde sich um dieses Thema gar nicht mehr kümmern. Das Gegenteil ist der Fall.

Auch im Bistum Hildesheim stand und steht die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle zunächst im Vordergrund. Seit Bischof Norbert mögliche Opfer öffentlich dazu aufgefordert hat, sich zu melden, gab es Kontakt zu vielen Opfern. In vielen Fällen hat es nicht nur intensive Gespräche und psychologische Hilfen gegeben, es wurden auch immer wieder Zahlungen „zur Anerkennung des Leids“ ausgezahlt. Dabei kann es niemals um wirkliche Entschädigungen gehen. Die Kirche möchte mit den Zahlungen vielmehr ein Zeichen setzen, dass das entstandene Leid wahrgenommen und ernstgenommen wird.

Der wohl in jüngster Zeit bekannteste Fall war der Vorwurf des Kindesmissbrauchs gegen den damaligen Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janßen. Da die Vorwürfe 50 Jahren zurückreichen, waren die Anschuldigungen weder zu beweisen noch zu widerlegen. Der Mann, der die Anschuldigungen erhoben hatte, bat zunächst um strikte Vertraulichkeit. In den Gesprächen mit der Bistumsleitung und dem vom Bistum eingesetzten Beraterstab aus erfahrenen Psychologen wurden die geschilderten Sachverhalte als „plausibel“ bezeichnet, im Sinne von: es könnte so gewesen sein. Auch hier wurde eine Zahlung zur Anerkennung des Leids gezahlt, die mit einer unabhängigen Kommission der Bischofskonferenz abgestimmt war. Als der Mann dann deutlich mehr Geld forderte und diese Forderung – vor allem mit Blick auf die Gleichbehandlung aller Opfer – abgelehnt wurde, ging der Mann an die Öffentlichkeit und hat seine Version dem „Spiegel“ geschildert. Zu diesem Zeitpunkt sah sich dann auch das Bistum nicht mehr an die Vereinbarung zur Verschwiegenheit gebunden und Bischof Norbert hat die Vorwürfe öffentlich gemacht. 

Inzwischen gab es viele Reaktionen. Kein einziger Hinweis wurde laut, der die Vorwürfe des Mannes unterstützen oder gar belegen würde. Vielmehr haben sich viele Zeitzeugen (u.a. frühere Dom-Messdiener) gemeldet, die die Vorwürfe gegenüber Bischof Heinrich Maria für falsch halten. U.a. schilderten sie, die genannten Angaben zu Ort und Zeit der Missbräuche könnten so gar nicht stimmen.

Das Bistum hat sich inzwischen um eine unabhängige juristische Beurteilung der eigenen Vorgehensweise bemüht. Es war zunächst allerdings sehr schwer, einen Gutachter zu finden, der dazu bereit wäre.

Neben der Aufarbeitung aller Missbrauchsfälle bemüht sich das Bistum intensiv um die Prävention, um Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene vor sexualisierter Gewalt zu schützen. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende in Präventions-Schulungen entsprechend sensibilisiert. Dabei ging und geht es nicht darum, potentielle Taten der Teilnehmenden zu vermeiden. Die katholische Kirche in Deutschland möchte, im Bewusstsein der eigenen Verfehlungen, künftig die Institution sein, die beim Thema Schutz von Kindern und Schutzbefohlenen am besten hinschaut. Es geht darum, innerhalb der Kirche eine „Kultur der Aufmerksamkeit“ zu erreichen.

Hintergrund ist das Wissen, dass Kinder, die missbraucht werden, oft vergeblich Signale aussenden, um sich bei Erwachsenen Hilfe zu holen. Statistiken gehen davon aus, dass ein missbrauchtes Kind im Schnitt erst beim siebten Mal Erfolg hat und entsprechende Aufmerksamkeit und Hilfe erhält. In diesen Präventions-Schulungen geht es also vor allem darum, das Problem der Kinderwohlgefährdung grundsätzlich anzuschauen. In welchen Bereichen könnten Kinder entsprechende Signale aussenden, um Hilfe zu erlangen? Wie sehen diese aus? Wie ist darauf angemessen zu reagieren?

Wurden zunächst nur alle hauptberuflich Tätigen und Ehrenamtliche, die in der Kinder- und Jugendarbeit mitarbeiten, zu solchen Präventions-Schulungen gebeten, sind inzwischen alle Haupt- und Ehrenamtlichen in der Kirche aufgefordert, an entsprechenden Schulungen teilzunehmen. Die Botschaft dahinter lautet: Das Problem geht uns alle an! Gemeinsam wollen wir sensibilisiert sein für Signale, die Kinder aussenden – nicht nur im kirchlichen Bereich, sondern auch in der Familie, in der Schule, in allen Bereichen der Öffentlichkeit. Alle, die bei uns mitarbeiten, sollen dazu in der Lage sein, gut hinzuschauen und Signale wahrzunehmen.

Außerdem müssen alle, die im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind, ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und eine Selbstverpflichtungs-Erklärung unterschreiben, dass sie noch nie im Bereich von sexualisierter Gewalt belangt wurden.

All dies hat das Bistum Hildesheim in einer Präventionsordnung zusammengestellt. Darin enthalten ist auch die Aufforderung an alle Pfarrgemeinden, ein „institutionelles Schutzkonzept“ für die Gemeinde zu entwickeln. Dies soll zunächst die Benennung einer durch das Bistum geschulten Präventions-Fachkraft enthalten, die alle notwendigen Abläufe im Verdachtsfall oder im Fall einer hilfesuchenden Person kennt und anwenden kann. Darüber hinaus sollen entsprechende Gefährdungsbeurteilungen für alle Bereiche der Gemeinde erarbeitet werden. Wo könnten Kinder und Jugendliche in unserem Bereich Gefährdungen begegnen und wie beugen wir dem vor? Und jede Gemeinde soll entsprechende Regeln für den Umgang in den gemeindeeigenen Häusern und z.B. bei Freizeiten festlegen.

Zurzeit sind wir auf der Suche nach einer geeigneten Person, die vielleicht schon erfahren ist im Umgang mit Kindern und Jugendlichen und die sich vorstellen könnte, für unsere Pfarrei als Präventions-Fachkraft tätig zu sein. Eine entsprechende Schulung und Begleitung durch das Bistum ist bereits in Vorbereitung. Wer sich dies vorstellen kann, wende sich bitte an ein Mitglied des Pastoralteams.

Die Prävention im Bistum Hildesheim steht unter dem Motto „Augen auf … Hinschauen und schützen“. Lassen Sie uns gemeinsam daran mitwirken – zum Wohle unserer Kinder und Jugendlichen.

Carsten Menges

Alle Informationen zu diesem Thema finden Sie unter Bistum Hildesheim – Fachstelle Prävention von sexuellem Missbrauch und Stärkung des Kindes- und Jugendwohles.

Der Termin der nächsten Präventions-Schulung in unserem Dekanat ist derzeit unbekannt.

Weitere Termine in anderen Dekanaten finden Sie ebenfalls auf der oben genannten Homepage.

Dieser Artikel stammt aus unserem Gemeinde-Journal „Salz der Erde“, Nr. 2 von 2016, S. 6-7.