Der Tabernakel

Ein kleiner Rundgang durch unserer Pfarrkirche St. Marien

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron

Gemeinschaft Gottes mit den Menschen, Dienst am Nächsten, Hingabe an den Willen Gottes – Geheimnis des Glaubens

Beachten Sie bitte auch unsere Artikel über die Geschichte der Umbauarbeiten des Altarbereichs und über den Zusammenhang der Kunstwerke untereinander.

 

Tabernakel – Eine Einführung

Das Wort „Tabernakel“ heißt übersetzt „Zelt“. Dieser Begriff erinnert an das Bundeszelt des Volkes Israel. Als die Israeliten noch als Nomaden umherzogen, befand sich in diesem besonderen Zelt die Bundeslade als Zeichen der Gegenwart Gottes inmitten seines Volkes. Diese Bedeutung hat heute in den Kirchen der Tabernakel übernommen.

Die für die Kommunion der Kranken vorgesehenen geweihten Hostien, wurden ursprünglich in der Sakristei aufbewahrt. Ab dem 8. Jahrhundert verwendete man zunehmend ein Sakramentshäuschen dafür, das in der Nähe des Altars stand: den Tabernakel. Mögen sich dessen Formen auch im Lauf der Zeit sehr stark gewandelt haben – einen Tabernakel findet man in jeder katholischen Kirche.

Zur Beschreibung der einzelnen Felder

Der Tabernakel in unserer Kirche besteht aus einer mit Weinreben verzierten Fläche (Fortführung des Weinstockmotivs vom Altar). Auf dieser Fläche erscheint ein plastisch hervortretendes Kreuz, das ebenfalls im Altar zu finden ist.

Dieses Kreuz besteht aus fünf Feldern: Über dem „leeren“ Schaft, der den Tabernakel trägt und dessen Stele aus Naturstein gefertigt ist (wie der Altar), ist das eigentliche Sakramentshaus, in dem das Allerheiligste aufbewahrt wird.

 

Es ist gestaltet wie ein Vorhang, der von vier Engeln gehalten wird, und erinnert an den Vorhang im Tempel zu Jerusalem, der das Allerheiligste, die Bundeslade mit den Gesetzestafeln, verhüllte. Für uns Christen ist das Allerheiligste der Herr im eucharistischen Sakrament, der aber – und das vermittelt der Vorhang – ein „Geheimnis des Glaubens“ bleibt.

Umgeben ist das eigentliche Sakramentshaus von drei Reliefs, die Szenen aus dem Neuen Testament wiedergeben:

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Fußwaschung“

Kirchenführung in St. Marien - Der Tabernakel - Die Fußwaschung - Beschreibung

Links sehen wir die Fußwaschung, von der nur das Johannes-Evangelium erzählt (Kapitel 13, Verse 1-20; dort als Vorbereitung des Letzten Abendmahles).

In der Mitte des Bildes kniet Jesus Christus, erkennbar am Kreuznimbus, einem Heiligenschein, der durch ein Kreuz unterteilt ist. Er wäscht gerade einem Apostel, der rechts sitzend dargestellt ist, die Füße.

Dieser deutet mit seiner rechten Hand auf seinen Kopf. Offensichtlich sind hier besonders die Verse 9-10 der Erzählung dargestellt: „Da sagte Simon Petrus zu ihm: Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt. Jesus sagte zu ihm: Wer vom Bad kommt, ist ganz rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Auch ihr seid rein, aber nicht alle.

Links oben schwebt ein Engel, der ein Handtuch hält.

Kirchenführung in St. Marien - Der Tabernakel - Die Fußwaschung - Zur Deutung

Jemandem beim Eintreten in ein Haus die Füße zu waschen, gehörte zu den Aufgaben der Sklaven.

Im Johannes-Evangelium wird erzählt, wie Jesus Christus seinen Jüngern die Füße wäscht, um ihnen ein Beispiel zu geben, damit auch sie an anderen Menschen so handeln, wie er an ihnen gehandelt hat. Fußwaschung steht somit für den von Gott gewollten Dienst am Nächsten.

Dass dieser Dienst am Nächsten Unterordnung unter den Willen Gottes, des Vaters, ist, verdeutlicht der Künstler dadurch, dass er einen Engel, einen Boten Gottes, das Tuch zum Abtrocknen reichen lässt.

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Abendmahl“

Kirchenführung in St. Marien - Der Tabernakel - Letztes Abendmahl - Beschreibung

Oben ist das Letzte Abendmahl zu sehen: Um einen mit einer Tischdecke geschmückten Tisch sind 13 Personen zu sehen, die halbkreisförmig angeordnet sind; dieser Halbkreis ist zum Betrachter hin offen. Die Perspektive des Reliefs lässt nicht klar erkennen, ob tatsächlich alle Personen sitzen oder ob einige stehen. Auf dem Tisch stehen ein Kelch und eine Schale mit 12 oder 13 Broten.

Aus der Gruppe der 13 Personen ist die mittlere herausgehoben: Jesus Christus, erkennbar am Kreuznimbus. Er gibt gerade mit seiner rechten Hand dem vorne links sitzenden Apostel ein Stück Brot.

Die Apostel sind zu je sechs Personen links und rechts von Jesus Christus angeordnet. Die meisten scheinen zu schweigen und passiv zu sein. Der vierte und sechste Apostel von links sowie der fünfte von rechts scheinen zu sprechen, was die erhobene Hand deutlich machen könnte (Rede-Gestus). Der sechste Apostel von rechts neigt sich Jesus Christus näher zu als die anderen. Der dritte Apostel von rechts deutet mit seiner linken Hand auf den linken Arm von Jesus Christus, dessen Hand leer ist. Der Apostel ganz rechts scheint zu sinnieren und von den anderen ein wenig abgesondert, fast allein zu sitzen.

Kirchenführung in St. Marien - Der Tabernakel - Letztes Abendmahl - Zur Deutung

Die Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas erzählen, wie Jesus Christus in der Nacht, bevor er verhaftet wird, mit seinen Jüngern das Paschamahl feiert. Er teilt dabei mit den Menschen, die ihn begleitet haben, das Brot und den Wein.

Damit schenkt und eröffnet er ihnen Gemeinschaft untereinander und mit ihm, obwohl er weiß, dass sie ihn alle nicht verstehen und einer ihn sogar verraten wird (aber selbst der gehört hier noch zur Gemeinschaft dazu – gerade gibt Jesus dem Judas, der am Geldbeutel erkennbar ist, Brot als Zeichen der Gemeinschaft).

Aus dieser Erfahrung wird für die Jünger nach Ostern die Gewissheit: Mit Jesus Christus kann ihnen Gemeinschaft untereinander gelingen und wird auch für sie Hingabe sinnvoll, auch wenn sie Gottes Wege (noch) nicht verstehen.

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Ölberg“

Kirchenführung in St. Marien - Der Tabernakel - Christus am Ölberg - Beschreibung

Rechts folgt Christus am Ölberg (diese neutestamentliche Szene ist unmittelbar nach dem Letzten Abendmahl angesiedelt):

Jesus Christus, erkennbar am Kreuznimbus, kniet links auf dem Boden und betet. Sein leicht gebeugter Körper ist nach links gewandt, sein angstvoll wirkendes Gesicht jedoch nach rechts.

Dort, in der Mitte des Bildes, schwebt ein Engel, der einen Kelch hält.

Der Boden wirkt hart, um Jesus Christus herum scheint es nur Steine zu geben, die Wolken am Himmel wirken bedrohlich.

Kirchenführung in St. Marien - Der Tabernakel - Christus am Ölberg - Zur Deutung

Nach dem Abendmahl – so erzählen die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas – geht Jesus Christus mit seinen Jüngern in den Garten Getsemani am Ölberg.

Abseits von ihnen, einsam, unverstanden und verlassen von allen Menschen, sogar von denen, mit denen er seinen Lebensweg geteilt hat, kniet er im Gebet, um mit sich und mit Gott ins Reine zu kommen. Gott hat ihn hierher geführt, und ihm drohen – als Konsequenz aus dem, was er in Wort und Tat verkündet hat – Verhaftung, Verurteilung und Tod. Im Gebet will Jesus Christus sich einverstanden wissen mit dem Willen seines Vaters.

Der vom Vater gesandte Engel reicht ihm den Kelch des Leidens.

Die Felder des Tabernakels – Zur Gesamtdeutung

Das alles zusammen sind einprägsame Zeichen für die Gemeinschaft Gottes mit den Menschen, den Dienst am Nächsten und die Hingabe an den Willen Gottes. Diese drei Szenen verdeutlichen, was die Eucharistie bedeutet:

  • Fußwaschung: Wir sollen von Jesu Christi dienender Liebe lernen, einander zu dienen.
  • Letztes Abendmahl: Wir sind geladen, an den Tisch heranzutreten, um Mahl mit Jesus Christus zu halten.
  • Christus am Ölberg: Wir sollen lernen, wie Jesus Christus zu beten: „Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, aber nicht mein Wille geschehe, sondern der deine.

Versuch einer Gesamtwürdigung

Zum Tabernakel sagt der Künstler Josef Baron: „Christus wird das Opfer seines Lebens für andere. Schon an den drei Reliefs um die goldenen Türen der Eucharistieaufbewahrung sehen wir, wie er Abschied nimmt von der ihn umgebenden bürgerlichen Welt, wie er, einsam und von Menschen unverstanden, im Gebet einverstanden sein will mit seines Vaters Willen, und wie er sich im Abendmahl gerade für die Menschen hergibt, die ihn nicht verstehen. Mit Christus kann ihnen sogar Gemeinschaft untereinander gelingen und wird auch für sie Hingabe sinnvoll.

Zusammen mit der das Kreuz umgebenden Ornamentik kann der gesamte Tabernakel auch als ein Lebensbaum gesehen werden, dessen Spitze den Blick auf das Altar-Relief lenkt.

Zum Zusammenhang von Tabernakel und Altar-Relief sagt der Künstler: „Im Programm vereinigen und verinnerlichen die beiden Werke die beiden Pole: Freude und Leid, Begeisterung und Schmerz, Gnade und Opfer kommen zusammen und rühren das Herz dessen, der beide zusammen bewältigt. In der Botschaft des Erzengels strahlt göttliche Freude aus, möchte menschliche Freude läutern und häufen. Wer hingegen Schmerz empfindet, wer sich behindert fühlt von Misslichkeiten, kann sein Erleben im Sakramentshaus wiederfinden.

Bilder unseres Tabernakels finden Sie hier

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Detailansicht: alle vier Bilder

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Fußwaschung“

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Abendmahl“

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Ölberg“

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Fußwaschung“

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Vorhang im Tempel“

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Ölberg“

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Vorhang im Tempel“

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Fußwaschung“

Der Tabernakel, geschaffen von Josef Baron, Bild „Abendmahl“