Der Baum

Heiliger Baum – Baum der Erkenntnis – Baum des Heils – Lebensbaum – Weltenbaum

Pfarrkirche St. Marien, Lüneburg

Grundlegende Anmerkungen

Der Baum gilt bei allen Völkern als Symbol menschlichen Lebens. Deshalb wird häufig bei der Geburt eines Kindes ein Baum gepflanzt; man sieht das Leben des Kindes in engem Zusammenhang mit dem dieses Baumes; vermutlich handelt es sich um Reste eines Baumkults.

Volkstümlich ist die Vorstellung, dass Zweige durch Berührung besondere Kraft vermitteln, weshalb die Sitte des „Schlagens mit der Lebensrute“ entstand. Auch der grünende Baum begegnet uns als Lebensbaum: Der geschmückte Maibaum ist ein solcher Lebensbaum, er hat außerdem Bedeutung im Fruchtbarkeitskult.

Der Lichter tragende Christbaum, den man seit ca. 400 Jahren im deutschsprachigen Raum aufstellt, ist ebenfalls ein Lebensbaum.

Der Lebensbaum ist auch aus Märchen bekannt, so in mehreren Märchen der Gebrüder Grimm: Aschenputtel (Nr. 21), Frau Holle (Nr. 24), Das Mädchen ohne Hände (Nr. 31), Vom Machandelbaum (Nr. 47) oder Schneewittchen (Nr. 53).

Welten- und Lebensbaum in der Religionsgeschichte

In der Religionsgeschichte spielen Bäume mit vielfacher Bedeutung eine Rolle, in fast allen Völkern der Erde sind sie ein ursprüngliches Symbol. Das Urbild des Baumes ist der Weltenbaum. Er steht in der Mitte des Alls. Seine Wurzeln reichen tief in die Erde, seine Wipfel berühren oder tragen den Himmel, sein Stamm ist damit Weltachse und verbindet Himmel und Erde; somit verbindet er die drei Ebenen Himmel, Erde und Unterwelt.

Bereits in der sumerischen Kunst sind Welt- und Lebensbäume (auch „heilige Bäume“ genannt) nachweisbar. Die Germanen hatten die Weltenesche „Yggdrasil“.

Welten- und Lebensbaum im Alten Testament

In der Urgeschichte des Alten Testaments (Genesis [1. Buch Mose], Kapitel 1 bis Kapitel 11, Vers 9) gelten die Früchte des Lebensbaums als Leben spendend, der damit ein Symbol für das Leben ist im Gegensatz zum negativ belegten „Baum der Erkenntnis“ (beide Bäume stehen übrigens „in der Mitte“ des Paradieses).

Nachdem Adam und Eva – sei es aus Unglaube, Zweifel oder Hybris – von dessen Früchten gegessen und damit das göttliche Gebot übertreten hatten, wurden sie von Gott aus dem Paradies vertrieben, damit sie nicht auch noch von den Früchten des Lebensbaums nähmen und ewig lebten.

Pfarrkirche St. Marien, Lüneburg

Exkurs: Die Menora im Judentum

Die Menora des Judentums ist ein solcher Welten- und Lebensbaum, der die (zur Zeit der Entstehung: sieben bekannten) Planeten trägt und auf die sieben Tage der Schöpfung hinweist. Sie wurde und wird im Judentum häufig dargestellt, z.B. auch in der Grabkunst; brennend symbolisiert sie das ewige Leben. In der Spätantike war sie als Lebens- und Lichterbaum, von einem Löwenpaar bewacht, häufiges Motiv in der jüdischen Kunst.

Als Symbol des Lebensbaumes und des Lichtes wurde und wird die Menora im Judentum immer neu verwendet. In der mittelalterlichen jüdischen Buchmalerei wurde sie (zusammen mit anderen Tempelgeräten) zum Symbol für den Dritten Tempel der messianischen Zeit und somit für die Hoffnung auf den Messias.

Baum des Heils

Neben dem Weltenbaum steht der Baum des Heils: Unter dem Bodhi-Baum erfährt der Buddha seine Erleuchtung.

In der christlichen Symbolik steht der Baum des Paradieses in Beziehung zum „Baum (d.h. Holz) des Kreuzes“ als dem Sinnbild der Erlösung; in Kreuzestod und Auferstehung Jesu Christi hat Gott den Weg der Hoffnung auf das ewige Leben bzw. zum Paradies neu erschlossen. Der „Baum des Lebens“ wird damit zum Gegenstück zum „Baum des Todes“, dem paradiesischen „Baum der Erkenntnis“.

Baum des Heils im „Buch der Offenbarung“

Das „Buch der Offenbarung (des Johannes)“, das letzte Buch des Neuen Testaments, bezieht das Motiv des Lebensbaums in der Mitte des verlorenen Paradieses, wo auch die vier „Paradiesströme“ entspringen, als Symbol der Eucharistie auf Jesus Christus. Dieses biblische Buch verbindet dieses Motiv mit einer Vision des endzeitlichen Paradieses, in der das „Wasser des Lebens“ und die „Bäume des Lebens“ zu Sinnbildern der Fülle des Lebens in einer Welt werden, die durch Gott vollendet wird.

Der Baum des Heils in der christlichen Kunst

Trägt der Lebensbaum in der christlich geprägten Kunst Blätter, Zweige, Äste, Blüten, Früchte oder Ranken, so ist er Sinnbild dieser Hoffnung; gleiches gilt bisweilen für die Darstellung als Rosenbusch, Weinstock oder Eiche. Mit Trauben und Hostien ist er ein Hinweis auf das Abendmahl und damit Zeichen der Erlösung.