Kreuzweg

Was ist eigentlich … der Kreuzweg?

In diesen Wochen der Vorbereitung auf das Osterfest wird er uns wieder deutlich vor Augen geführt: Der Weg, den Jesus mit seinem Kreuz vom Palast des Statthalters Pontius Pilatus hinauf zur „Schädelhöhe“ (dem Hügel Golgota oder auch Golgatha), der Hinrichtungsstätte vor den Toren der Stadt Jerusalem, gehen musste.

Wir nennen ihn heute kurz den Kreuzweg. Aber es war sicher kein Spaziergang, den Jesus gemacht hat. Direkt nach der Verurteilung war er gegeißelt, also ausgepeitscht worden. Angeblich sollen die römischen Soldaten dabei für ihre Brutalität berüchtigt gewesen sein. Mel Gibson zeichnet dieses Vorgehen in seinem Film „Die Passion Christi“ von 2004 in außerordentlich brutalen Bildern. So war Jesus also körperlich schon völlig gebrochen, als man ihm den Querbalken des Kreuzes auflud.

Wie viele andere Verbrecher wurde er dem Volk zur Schau gestellt: Er musste mitten durch den Basar, das pulsierende Leben der Stadt gehen. Dabei begegnete er verschiedenen Menschen: seiner Mutter, weinenden Frauen, einer gewissen Veronika, die ihm ein Schweißtuch reichte. Mehrfach brach Jesus unter der Last des Kreuzes zusammen. Schließlich wurde ein Mann namens Simon von Cyrene, der eben von der Feldarbeit kam, gezwungen, Jesus das Kreuz zu tragen.

Auf der Schädelhöhe angekommen, wurde Jesus seiner Kleider beraubt und ans Kreuz geschlagen. Nachdem er am Kreuz gestorben war, wurde er in den Schoß seiner Mutter gelegt und schließlich zu Grabe getragen.

All dies beschreiben die Evangelisten. Wer schon einmal in Jerusalem war, wird dort diesen Weg entlang der „Via Dolorosa“ (schmerzensreiche Straße) gegangen sein. Entlang von 14 Stationen wird der Weg Jesu hier in Erinnerung gerufen. Nicht selten tragen Pilger dabei selbst ein Kreuz mit sich.

Aber nicht jeder Gläubige kann und konnte nach Jerusalem pilgern. Seit der Zeit um 1600 wurden Kreuzwege mit 14 bebilderten Stationen errichtet, zunächst oft in der Nähe von Franziskanerklöstern. 1731 verfügte Papst Clemens XII. erstmals, wie diese Kreuzwege auszusehen hatten und wie das Gebet gehalten werden sollte. Später entstanden Kreuzwege auch innerhalb der Kirchen.

Zunächst waren es 14 Stationen, die den Weg Jesu beschrieben. Später kam manchmal eine 15. Station dazu. In einigen Kirchen wurde dabei das Auffinden des Kreuzes Christi durch die Kaiserin Helena dargestellt. Seit dem 20. Jahrhundert findet sich als 15. Station oft die Auferstehung Christi mit dem leeren Grab.

Oftmals wird und wurde der Kreuzweg an Orten gebetet, an denen Menschen selbst leiden und im übertragenen Sinn ihr Kreuz tragen mussten. Der berühmteste Ort dafür ist sicher das Kolosseum in Rom, der Hinrichtungsort vieler Christen, wo der Papst traditionell am Karfreitag den Kreuzweg betet.

In fast allen katholischen Kirchen werden, besonders in der Fastenzeit, Kreuzwegandachten gehalten. Dabei wird nicht nur der Leidensweg Jesu in Erinnerung gerufen. Es wird gleichzeitig auch der Leidenden der Gegenwart gedacht, die ungerecht verurteilt, gefoltert, getötet, ihres Lebensunterhalts beraubt oder verspottet werden. Die Andacht kann zu jeder Zeit gebetet werden, besonders üblich ist dies aber an Freitagen.

In vielen Kirchen wurden die Kreuzwegstationen künstlerisch gestaltet. In St. Marien z.B. stammen die eindrucksvollen Bronzekunstwerke vom Künstler Josef Baron.

Für den Ökumenischen Jugendkreuzweg, der in jedem Jahr am Freitag vor dem Palmsonntag in ganz Deutschland gebetet wird, entstehen jährlich neue Darstellungen der Kreuzweg-Stationen.

Zwei Gedanken sind wohl beim Beten des Kreuzweges besonders wichtig: Die Erinnerung, dass Jesus diesen schweren Weg auch für mich gegangen ist, damit ich leben kann. Und gleichzeitig die Zusage, dass er uns heute hilft, unser Kreuz zu tragen. Überall dort, wo Menschen heute einen persönlichen Kreuzweg gehen müssen, da geht ER mit.

Carsten Menges

(Dieser Text stammt aus unserem Gemeinde-Journal „Salz der Erde“ 1/2013, S. 6)

Was ist eigentlich … der Kreuzweg?

Haben Sie schon einmal darauf geachtet, dass sich in jeder katholischen Kirche ein Kreuzweg – eine Bildfolge von 14 Stationen – befindet? Unter Papst Clemens XII. wurden 1731 als Richtschnur 14 Stationen festgelegt, wobei moderne Kreuzwegdarstellungen häufig noch eine 15. Station aufweisen, z.B. die Auferstehungsszene als Zeichen der Hoffnung. Auch unsere Christ-König-Kirche in Adendorf zeigt eine 15. Station.

Ursprünglich ist unter dem Kreuzweg – der Via crucis – der Leidensweg Jesu an der Via dolorosa in Jerusalem zu verstehen. Dort bildete man den Leidensweg Jesu als Wallfahrtsweg mit sieben Stationen nach. Davon ausgehend fanden solche Kreuzwege auch in anderen Ländern Verbreitung.

In Lübeck ist der älteste deutsche Kreuzweg als Freilandkreuzweg zu finden. In der Arena des Kolosseums in Rom wurde 1750 durch einen Franziskanerpater ein Kreuzweg errichtet. Unter Papst Paul VI. wurde die Tradition des Kreuzweggebets im Kolosseum wieder aufgenommen und bis heute fortgesetzt. Am Karfreitag wird Papst Franziskus unter großer Beteiligung von Gläubigen den Kreuzweg dort beten.

Die Franziskanermönche setzten sich sehr für die Etablierung von Kreuzwegen auch innerhalb der Kirchengebäude ein. So ist in unseren katholischen Kirchen im Laufe der Jahrhunderte eine große Vielfalt – auch an künstlerisch bedeutsamen Kreuzwegdarstellungen – entstanden. Unser Kreuzweg in der Marienkirche, der in Bronzereliefs von Josef Baron gestaltet wurde, fand am Bistumssitz Hildesheim so großen Anklang, dass der Künstler auch den Auftrag zur Gestaltung des (neuen) Dom-Kreuzweges erhielt. Der von Sieger Köder in den 1990er Jahren sehr farbig gemalte Kreuzweg für die St.-Nikolaus-Kirche in Bensberg bei Köln gilt als ein besonders ausdrucksstarker. Zu den Kreuzwegabbildungen gehören auch biblische Texte (in unserem Gebetbuch abgedruckt), die in meiner Kindheit noch in regelmäßigen Andachten während der Fastenzeit gebetet wurden. Auch heute finden noch Kreuzwegandachten statt. Oft wird dabei der Blick auf eine ausgewählte Station gelenkt.

Es lohnt sich, die Kreuzwege unserer Gemeinde St. Marien an ihren verschiedenen Standorten zu betrachten. Am Beispiel der 5. Station – Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen – können Sie die thematische Vorgabe in unterschiedlicher Ausdrucksform auf den Abbildungen vergleichen [in der gedruckten Ausgabe waren hier vier Bilder zu sehen]. Auch Kreuzwegtexte von Kirchenlehrern, Klosterangehörigen, Theologen und Dichtern vertiefen die Sicht auf die Kreuzwegstationen. Zu meinen bevorzugten Texten gehört der des französischen Dichters Paul Claudel. Zur 5. Station heißt es bei ihm:

Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

V Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und preisen Dich.

A Denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.

Der Augenblick kommt,

wo es nicht mehr geht,

wo man nicht mehr weiter kann.

Das ist die Stelle,

wo wir uns einfügen können,

und wo du zugibst, dass man auch uns,

selbst mit Gewalt, bei deinem Kreuze beschäftigt, wie Simon von Cyrene,

den man an dies Stück Holz gespannt hat.

Kraftvoll umfasst er es

und marschiert hinter Jesus her, damit nichts vom Kreuz dahinschleppe und verlorengehe.

Monika Korthaus-Lindner

(Dieser Text stammt aus unserem Gemeinde-Journal „Salz der Erde“ 1/2020, S. 22)